Familie, aber wie?

Es gibt viele Möglichkeiten, das Gemeinschaftsleben zu gestalten. Auch in der Natur werden uns viele Beispiele gezeigt. Viele Tiere haben ein ausgeprägtes Sozialverhalten. Erdmännchen leben auf ihre Weise in Gruppen, weibliche Elefanten auf eine andere. Schwäne und viele andere Vögel haben ebenfalls sehr gut geregelte Gemeinschaften, mit monogamen Beziehungen und ausgefeilter Gruppendynamik. Auch Affen leben in Gruppen, genauso Wölfe und Pinguine. Es gibt aber auch viele Einzelgänger. Dazu gehören Katzen, und auch männliche, ausgewachsene Elefanten und Zebras. Können wir als Menschen irgendetwas von all diesen Tieren lernen? Wie wollen wir selbst leben, und warum?

Die Familie spielt seit langer Zeit eine große Rolle für die Menschen. Wie wir als Familie zusammen leben, hat sich allerdings gewandelt. Der Job bestimmt häufig, wo wir wohnen. Und nur noch wenige Kinder führen die Arbeit ihrer Eltern fort. Es ist üblich, sich in einem Umfeld auszubilden, das mehr oder weniger unbeeinflusst selbst ausgewählt werden soll. Das hat auch Einfluss auf das Familienleben. Sind wir erwachsen, ziehen wir oft weiter weg von den Eltern, finden Partner aus anderen Teilen des Landes oder anderen Teilen der Welt. Es gibt natürlich auch Familien, die ihrer Heimat treu bleiben, wo die Kinder fast täglich auch ihre Großeltern sehen. Aber es ist nicht ungewöhnlich, wenn es ein paar Stunden Autofahrt erfordert, die Großeltern zu besuchen. Durch das Berufsleben, was heute meist von beiden Elternteilen fast gleichermaßen gelebt wird, und die Distanz zum Rest der Familie, hat auch die Fremdbetreuung der Kinder zugenommen. Sie beginnt in früherem Lebensalter, oft bereits im ersten Lebensjahr. Das Erbe wird heute meist zu Geld gemacht. Auch wenn manche Kinder ihre Elternhäuser übernehmen und darin mit ihrem Partner die nächste Generation großziehen, ist das heute eher die Ausnahme. Das eine Immobilie, ein Haus oder Hof als Familiensitz durch die Generationen weitergegeben wird, geschieht nur noch selten. Wohnungen und Häuser sind austauschbar geworden, und sie müssen es auch sein, damit wir uns dahin bewegen können, wo uns Arbeit geboten wird. Wir verlieren durch diese Dynamik und Distanz ein wenig Verbundenheit mit unserer Herkunft. Wir teilen unseren Wohnraum meist nur noch mit einem Partner und mit unseren Kindern, solange diese noch nicht erwachsen sind. Immer mehr Menschen wohnen auch allein. Andere Menschen sehen wir bei der Arbeit oder beim Betreiben von Hobbies. Oder, wenn wir uns auf andere Weise darum bemühen, andere Menschen zu treffen. Ansonsten sind wir isoliert in unseren vier Wänden, angebunden primär an die gut erreichbare Unterhaltungsindustrie und womöglich die Nachrichten. Beides wird schnell zur Sucht und Belastung.

Sind wir da ganz flexibel, gestalten wir unser soziales Leben einfach so, wie es die gesellschaftlichen Umstände und Erwartungen erfordern? Oder haben wir auch eigene Präferenzen? Bereits die Philosophen des antiken Griechenlands stellten sich die Frage, ob soziale Normen beliebig sind, von einer Stadt oder einer Kultur in Gänze vorgegeben und dann von den Menschen angenommen werden, oder ob es allgemein gültige Normen gibt, die im Wesen des Menschen verankert sind. Mich beschäftigt diese Frage ebenfalls. Betrachten wir die geläufigen Statistiken, stellt es für viele Menschen offenbar eine große Herausforderung dar, als Paar über viele Jahre oder ein ganzes Leben zusammen zu bleiben. Auch das Großziehen der Kinder gestaltet sich nicht immer einfach. Beides sind Aufgaben, die viele Menschen an und über ihre Belastungsgrenzen bringen. Warum ist das so? Wird zu viel von uns gefordert? Leben wir nicht mehr unserem Wesen entsprechend? Haben wir uns eine Kultur angeeignet, die nicht wirklich zu uns passt? Oder haben wir uns von uns selbst entfremdet? Haben wir vergessen, wer wir sind, wie sich Kinder entwickeln, worin die Besonderheiten unserer Eigenschaften liegen? Hat womöglich jemand ein Interesse daran, dass unsere persönlichen Beziehungen geschwächt werden und wir die Kinderbetreuung zu großen Teilen gut kontrollierbaren Einrichtungen überlassen?

Hätten wir einfach nur vergessen, wer wir sind, so bestünde immer noch die Möglichkeit, intuitiv richtig zu handeln und so erfolgreich durchs Leben zu gehen. Viele Menschen tun genau das. Sehr schwierig wird es allerdings, wenn wir falsche Vorstellungen oder Ideale davon vermittelt bekommen, wer wir sind, und wie die anderen Menschen um uns herum sind. Es gab und gibt Bemühungen, alle Unterschiede zwischen den Menschen, die nicht auf physischer Ebene offensichtlich sind, zu einem Tabuthema zu machen. Wer einen Unterschied anspricht, kann mit lautstarker Empörung von einer Gruppe rechnen, die sich die Durchsetzung von Gleichheit auf die Fahnen geschrieben hat. Dabei spielt es dann auch keine Rolle, ob eine sorgfältige Auseinandersetzung mit der Thematik den Unterschied für jeden erlebbar macht. 

Viele Schwierigkeiten in Beziehungen und Familien gehen teilweise auf mangelndes Wissen zurück, aber vor allem auf eine falsche Vorstellung vom Menschen. Wer glaubt, dass Kinder, Frauen und Männer die gleichen Bedürfnisse haben, gleich mit Stress umgehen und gleich auf Probleme reagieren, wird in einer Beziehung und auch in einer Familie erhebliche Schwierigkeiten bekommen. Aufgrund dieses Glaubens ist es in unserer Kultur nicht üblich zu lernen, was Frauen und Männer brauchen. Sie bleiben uns dann ein Rätsel, wir interpretieren ihr Verhalten falsch und können auch die Gründe unseres Verhaltens nicht vermitteln. Wir scheitern an der Realität. Wer aus ideologischen Gründen in der Feststellung von Unterschieden eine Benachteiligung oder Diskriminierung sieht, und aufgrund einer falschen Auslegung von Gerechtigkeit auf Gleichheit besteht, wird sich damit den Weg verbauen, Menschen mit ihren kindlichen, männlichen und weiblichen Eigenschaften erkennen und verstehen zu können. Dann eine Beziehung zu führen, grenzt an ein Ding der Unmöglichkeit. Denn dann bin ich nicht bereit, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass andere Menschen Besonderheiten und Eigenarten haben könnten, die von mir abweichen, und bin folglich blind für diese Unterschiede. Ich kann keine Rücksicht nehmen und bin verwirrt, beleidigt oder zutiefst verletzt, wenn mein Partner nicht das gibt, was ich in der Situation gegeben hätte und gerade dringend brauche. Ich muss mich für diese Eigenarten interessieren, und darf nicht einfach davon ausgehen, dass jeder genauso denkt und fühlt wie ich. Andernfalls bleibt bis zum Tod ein grundsätzliches Unverständnis für die Lebensgefährten, das einer längeren guten Beziehung im Wege steht und für Streit, Entfremdung und Unzufriedenheit sorgt. Wer sich für diese Thematik interessiert, dem empfehle ich das Buch “Männer sind anders. Frauen auch.” von John Gray.

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