Was ist Erkenntnis?

Erkenntnis ist der erste Begriff auf dieser Website, für den ich kein englisches Wort gefunden habe. Alle Leser des zugehörigen Englischen Artikels dürfen also das deutsche Wort „Erkenntnis“ lernen. Entscheidend für diesen Begriff ist die Intuition, welche durch das Finden des Begriffs den Schlüsselmoment der Erkenntnis vorbereitet: Den Moment der Verknüpfung von Wahrnehmung und Begriff. Abzugrenzen ist die Erkenntnis von der Erfahrung, die ebenfalls über die Wahrnehmung hinaus geht. Wo liegt der Unterschied? Um das zu klären, möchte ich im Folgenden erst den Begriff der Erfahrung näher betrachten.

Die Erfahrung ist das, was nach einer Tätigkeit oder einer Wahrnehmung in unserem Innenleben verbleibt. Ich tue etwas oder nehme etwas wahr und habe daran im Nachhinein eine Erinnerung. Diesen Prozess nennt man Erfahrung sammeln. Die Erinnerung muss dabei nicht bewusst sein, Erfahrungen prägen uns über das aktive Erinnern hinaus.

Um Erfahrung sammeln zu können, muss ich zuerst eine Erkenntnis haben, also etwas wahrnehmen und einen Begriff dazu finden. Bewirkt eine Wahrnehmung keine Reaktion des Denkens, geht sie an uns spurlos vorüber. Eine richtige Erkenntnis gibt uns eine Wahrheit, es wurde also richtig erkannt und ein zur Wahrnehmung passender Begriff verknüpft. Das ist eine Notwendigkeit für Wissen. Eine falsche Erkenntnis liefert uns einen Irrtum, es wurde also ein nicht passender Begriff verknüpft. Eine Wahrnehmung an sich kann weder wahr noch falsch sein, denn sie enthält noch kein Urteil. Durch die Erkenntnis wird sowohl die Wahrnehmung mit einem Begriff ergänzt als auch der Begriff durch die Verknüpfung der Wahrnehmung mit Inhalt gefüllt. Ein Begriff ist allgemein, und die Wahrnehmung gibt uns ein Beispiel, wie der Begriff verwirklicht werden und in Erscheinung treten kann. Dieser auf den Erkenntnisakt unmittelbar folgende Bezug des Begriffs zu einer bestimmten Wahrnehmung führt zu einer individuellen Prägung des Begriffs, zu einer Vorstellung. Die Summe unserer Vorstellungen ist unsere Erfahrung.

Es scheint hier und da vergessen zu sein, dass Erkenntnis keinen Anspruch auf Wahrheit erhebt. Erkenntnis muss aber, wenn kein Fehler gemacht wird, also ausreichend beobachtet wird und ein passender oder übergeordneter Begriff gefunden wird (Intuition), zu wahren Ergebnissen führen und verlässliche Vorhersagen im betrachten Gebiet ermöglichen. Erkenntnis darf keine zufälligen Ergebnisse liefern, dann wäre sie nutzlos.

Wenn wir uns über Wahrgenommenes mithilfe der Sprache austauschen möchten, so geht das nicht ohne Erkenntnis. Denn ohne Erkenntnis ist noch keine Zuordnung zu einem Begriff entstanden, und dann „fehlen uns die Worte“, wir können dann also nicht über die Wahrnehmung sprechen. Dafür braucht es bereits Erkenntnis. Somit ist jeder Wahrnehmung, wenn wir über sie sprechen, bereits Erkenntnis hinzugefügt.

4 Gedanken zu „Was ist Erkenntnis?

  • Pingback: Bewusste Erkenntnis – Simons Philosophie-Blog

  • 14. Mai 2025 um 14:24 Uhr
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    Understanding würde am besten passen. Erkennen ist für mich ein schönerer Begriff für verstehen.

    • 14. Mai 2025 um 15:09 Uhr
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      Erkennen und Verstehen haben definitiv Gemeinsamkeiten, aber auch unterschiede in der Bedeutung. Beides gehört grundsätzlich zusammen. Verstehen, Verstand, Verständnis ist guter Stoff für einen weiteren Artikel. Was sagst du zu dieser Gegenüberstellung:
      Selbstverständnis <-> Selbsterkenntnis

      • 19. Mai 2025 um 7:42 Uhr
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        Hmm. Bei Verständnis kommt noch so ein Vibe von Toleranz mit :D. Da steckt schon eine Handlung drin.
        Bzw. Verständnis mit anderen zu haben. Bei Erkenntnis kommt das nicht.
        Aber ich denke auch das stammt daher weil wir der Begriff Verständnis sprachlich häufiger benutzten. Unsere Sprache wirkt sich halt auch auf die Realität aus.

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