Selbstbewusstsein ist auch ein Wort, welches mehrere Bedeutungen hat. Es kann als Zustand oder als Charaktereigenschaft verstanden werden. Im Alltag verbinden wir mit dem Wort “selbstbewusst” eine Person, die sicher auftritt und ihre Ziele beharrlich verfolgt. Jemand, der sich für Dinge einsetzen kann und nicht durch Gegenwind vom Kurs abzubringen ist. Selbstbewusstsein im wörtlichen Sinne geht aber darüber hinaus.
Wollen wir unsere eigenen Ziele verfolgen, erfordert dies ein Selbstbewusstsein im wörtlichen Sinne. Dieses Selbstbewusstsein ist nur durch Selbstbeobachtung und Selbsterkenntnis zu erreichen. Selbstbeobachtung bedeutet, die eigenen Gedanken, Gefühle und Handlungen zu beobachten. Selbsterkenntnis führt zu Wissen von der Natur des Denkens, Fühlens und Handelns, wie diese aufeinander wirken und wie wir mit diesen drei Bereichen unser Leben und die Welt gestalten können.
Unsere Handlungen bringen unseren Willen zum Ausdruck. Was wir wirklich wollen sind also nicht unbedingt unsere Vorsätze und Absichten, sondern unsere Handlungen. Unsere Handlungen können zur Gewohnheit werden, denn unser Körper will bekannte Abläufe beibehalten. Trotzdem bleiben die Handlungen so lange gewollt, wie sie stattfinden. Der Wille lässt sich nicht direkt beobachten, er ist zunächst unbewusst. Sehr wohl beobachten können wir unsere Handlungen. Handlungen sind immer gewollt und repräsentieren daher unseren Willen. Langfristig können wir unseren Willen gestalten mithilfe unserer Absichten, die wir mit unseren Gedanken selbst setzen. Dazu müssen wir Kraft unseres Denkens aus einer Absicht ein Motiv gewinnen. Erst dann folgt eine Handlung. Mithilfe von Motiven wirkt das Denken auf unseren Willen. Kurzfristig hat aber unser ganzer Körper einen Willen, zu dem jede einzelne unserer Körperzellen beiträgt. Das sind unsere Gewohnheiten. Sie zu ändern braucht Zeit und Disziplin, denn wir müssen im Denken neue Impulse setzen, die dann langsam von unseren Körperzellen adaptiert werden.
Unsere Gefühle sind uns zum Teil bewusst und zum Teil unbewusst. Sie können uns überwältigen. Besonders spektakulär erleben wir das mit Angst und Wut. Aber auch Freude kann uns ähnlich intensiv ergreifen. Gefühle bewirken häufig Körperreaktionen, die uns zum Beispiel mehr Energie bereitstellen. Das kann ein erhöhter Puls sein, der uns uns mehr Kraft gibt und zum Beispiel eine schnelle Flucht ermöglicht. Sind wir von Gefühlen überwältigt, zeigen wir diese deutlich sichtbar durch unsere Gestik und Mimik, durch unser Verhalten. Wir reagieren dann auf Gefühle mit Handlungen. Ein Gefühl kann also ein Motiv bewirken. Das geschieht oft unbewusst. Aber auch weniger starke Gefühle zeigen sich so, wenn wir nicht bewusst darauf achten, was unser Körper gerade macht. Durch das Beobachten der Gefühle treten wir einen Schritt zurück, schaffen Distanz zum Gefühl und erleben es dann nicht mehr so stark. Sind wir uns unserer Gefühle bewusst, können wir wieder die Kontrolle über unseren Willen erlangen, und das Gefühl schließlich zurücklassen. Gefühle können bewirkt werden durch Einflüsse von außen. Sie folgen aber auch unseren Gedanken, wir können also durch die Wahl unserer Gedanken gezielt Gefühle bewirken. Gefühle können uns eine Orientierung geben, aber sie können auch genutzt werden um uns zu manipulieren. Wir müssen lernen zu erkennen wie ein Gefühl entsteht und wo es herkommt.
Unsere Gedanken sind uns voll bewusst. Häufig sind äußere Gegenstände Inhalt unserer Gedanken. Wir nutzen das Denken als Werkzeug, um in der Welt zu funktionieren. Wir können aber viel mehr erreichen als das. Wir können uns selbst erkennen. Um in einem ersten Schritt unser Denken zu beobachten und so erkennen zu können, wie es ist, müssen wir jedoch den Materialismus überwunden haben. Solange wir glauben, dass Materie denkt, unterwerfen wir das Denken den Gesetzen der materiellen Welt. Denken ist aber kein materieller Prozess, und mit diesem Vorurteil können wir die wirklichen Gesetze des Denkens nicht finden. Ein kurzer Einstieg in die Gesetze des Denkens ist im vorigen Artikel zu finden.
Meine eigenen Ziele und die Werte hinter diesen Zielen müssen mir bewusst sein. Unsere Werte und Ziele sind die Folge unserer Glaubenssätze. Wir müssen diese Glaubenssätze kennen, weil sie unser Leben bestimmen. Unsere Glaubenssätze wurden oft sehr früh im Leben geformt, und wenn wir sie als Erwachsene nicht wieder zum Vorschein bringen, dann verpassen wir die Chance uns zu entwickeln. Unsere Glaubenssätze formen unsere Handlungen, aber sobald wir uns unserer Glaubenssätze bewusst werden, können wir herausfinden, dass wir mehr sind als unsere Glaubenssätze. Wir stehen über ihnen, wenn wir uns dazu entscheiden. Wenn wir unser Potential im Leben nutzen wollen, müssen wir uns unseres Selbst bewusst werden.
Bin ich mir meiner selbst als Mensch bewusst, dann lasse ich mich nicht einschüchtern, weder von Mehrheiten noch von Autoritäten oder Experten. Dieser Zustand kann nur erreicht werden, wenn ich meinen Wert und meine Sicherheit in mir selbst gründe, und nicht im Außen. Definiere ich meinen Wert, so wie es die Englische Sprache nahelegt, über mein Geldvermögen, so steht und fällt mein Selbstwertgefühl mit dem Kontostand. Reichere Personen werden verehrt, auf ärmere Personen wird herabgeschaut. Das ist ein bedauerlicher Zustand, der mit wirklichem Selbstbewusstsein nichts zu tun hat. Selbstbewusstsein führt zu unerschütterlichem Selbstvertrauen. Wenn wir uns selbst kennen, sind wir nur schwer einzuschüchtern und kaum manipulierbar, werden keine Ziele von außen übernehmen, nur weil sie angeblich normal sind und erwartet werden.
Es ist sehr wichtig, immer offen für Neues zu bleiben und stets weiter zu lernen. Es liegt in der Natur der Sache, dass unser Weltbild einfach beginnt und im Laufe des Lebens wächst. Dabei müssen wir ständig Vereinfachungen ergänzen und Fehler korrigieren. Es ist also immer sinnvoll, die Meinungen anderer Menschen zu verstehen. Am eigenen Weltbild arbeiten zu können, eigene Fehler berichtigen zu können ist ein Zeichen von Selbstbewusstsein und Stärke.
Der wichtigste Schritt bei der Selbstbeobachtung, und die wichtigste Beobachtung, die ein Mensch machen kann, ist die Beobachtung des Denkens. Sie ist der Weg zu Selbsterkenntnis und zu Selbstbewusstsein. Im vorigen Artikel über “Die Gesetze des Denkens” habe ich bereits angesprochen, dass der Weg der Erkenntnis über die Naturwissenschaft auch eine Phase des Materialismus und Atheismus durchläuft. Es ist nicht möglich, diesen Schritt zu überspringen. Es ist aber möglich, diese Phase schnell zu durchlaufen. Vielleicht hast du sie bereits hinter dir gelassen, ohne dich dafür bewusst anstrengen zu müssen. Wenn du verstehen kannst, warum es zu dieser Phase kommt, selbst aber offen bist für Ursachen jenseits der Materie, liegt der Materialismus bereits hinter dir. Jeder Mensch darf sich unterschiedlich lang in dieser Phase befinden. Es gibt dabei viel zu lernen, und die Zeit dürfen wir uns nehmen. Jedes Leben ist lehrreich und sinnvoll.