An die Freiheit kann die Vorstellung geknüpft werden, dass ich stets selbst entscheiden kann, und immer das umsetzen kann, was mir gerade in den Sinn kommt. So glauben viele, sie bräuchten mehr Geld, um frei zu sein, weil das Geld sie die Dinge zu tun bemächtigt, von denen sie träumen. Andere glauben, sie könnten nicht frei sein, solange sie von der Hand in den Mund leben, weil sie ihre Zeit stets an einen Arbeitgeber verkaufen müssen, damit ihr Leben weitergehen kann. Da hilft es auch nicht, wenn sie viel Geld umsetzen und viel konsumieren. Manche fühlen sich gefangen in ihren Alltagspflichten. Andere meinen, frei zu sein, weil sie sich selbst ausgesucht haben, wie ihr Leben gerade aussieht. Diese sehr unterschiedliche Beurteilung der eigenen Freiheit betrifft auch Menschen, die von außen betrachtet ein nahezu identisches Leben führen. Auch ein und dieselbe Person kann sich an einem Tag frei und am nächsten Tag eingesperrt fühlen. Ist Freiheit eine Illusion, oder eine Frage der Perspektive?
Wenn ich glaube, dass ich Freiheit und Glück mit Geld kaufen kann, dann investiere ich meine Zeit und Energie in die Beschaffung von Geld. Wenn ich glaube, ohne dieses Geld nicht leben zu können, oder meinen Pflichten gegenüber anderen Menschen nicht nachkommen zu können, dann sehe ich mich gezwungen, meine Zeit und Energie in die Beschaffung von Geld zu investieren. Wenn ich erkenne, dass Freiheit und Glück nicht gekauft werden können, sondern durch eigenes Denken, durch das Erkennen des eigenen Wesens und durch die gemeinsame Zeit mit anderen Menschen gefunden werden, dann investiere ich meine Zeit und Energie in die eigene Entwicklung, das eigene Denkvermögen, in die Selbsterkenntnis, und natürlich auch direkt in die Menschen, die mir wichtig sind. Kinder, aber auch erwachsene Menschen profitieren mehr von Zeit und Aufmerksamkeit als von repräsentativen Konsumgütern.
Als Menschen können wir Orientierung nicht so gewinnen, wie wir es mit Computern versuchen würden. Die Auswertung riesiger Datenmengen ist für einen Menschen kein guter Weg, um die Wahrheit zu ergründen. Es kommt erschwerend hinzu, dass hier als Datengrundlage häufig von dritten erhobene Beobachtungsresultate oder Messungen herangezogen werden, oder sogar Zeitungsartikel und Nachrichten. Auf Basis dieser Informationen einen Überblick über die Welt zu erlangen, wird schwierig. Es passiert so viel, es gibt so viele Anschuldigungen, Vorwände, Behauptungen, Studien, und so vieles widerspricht einander. Wer hat nun recht? Was passiert wirklich in der Welt? Wer sind die Guten und wer sind die Bösen, das Imperium oder die Rebellen?
Wahrheit und Freiheit hängen eng zusammen. Nur wenn ich für die wesentlichen Säulen meines Weltbildes an der Wahrheit interessiert bin, kann ich auch frei werden. Lege ich eher Wert auf Konformität oder vermeide ich es, Zeit und Anstrengung in eigenes Denken zu investieren, dann wird es mit der Freiheit schwierig. Wahrheit wird uns in der heutigen Zeit nicht gegeben. Wir leben im Zeitalter der Lüge, und wenn wir ein Interesse an Wahrheit haben, dann müssen wir sie selber entdecken. Dabei sind gerade die großen Lügen, die sich andauernd selbst entlarven, diejenigen, die sich am besten halten. Ob die Worte Freiheit und Demokratie zu unseren westlichen Gesellschafts- und Regierungsformen passen, hängt sicher davon ab, welche Begriffe ich mit diesen Worten verbinde, und welche Vorstellungen ich davon habe. Es ist auch in diesem Umfeld möglich, frei zu werden. Aber geschenkt wird uns die Freiheit in diesem Umfeld nicht.
Viele Worte sind zudem ihrer eigentlichen Bedeutung beraubt worden. Was heute als umweltfreundlich gilt, ist völlig losgelöst vom Einfluss auf die Umwelt, solange es ein Papier gibt, welches die Klimaneutralität bestätigt. Und diese Papiere sind sehr kreative Bilanzen, die ihre Relevanz durch ein sehr kreatives Klimamodell erhalten. Die Umwelt hat dabei das Nachsehen. Das ist nur ein Beispiel von vielen. Wir haben Zugang zu so vielen Informationen, wir werden derart zugemüllt mit Zahlen, Daten und Fakten, dass es unmöglich erscheint, aus diesem Chaos die Wahrheit heraus zu destillieren. Zum Glück ist das nicht nötig. Die Wahrheit finden wir weder im Internet noch in den Zeitungen, sondern in uns selbst. Wir sind ein Teil der Welt und wir selbst haben einen besseren Zugang zu ihr, als es uns die technische Infrastruktur bieten kann. Wir müssen nur lernen, diese Fähigkeit wieder zu nutzen. Dann können wir frei werden.
Natürlich werden wir dadurch nicht in die Lage versetzt, jede Geschichte, die irgendwie an uns herangetragen wird, bezüglich ihres Wahrheitsgehalts direkt und vollumfassend zu beurteilen. Aber es wird einfacher, Lügen zu erkennen. Es wird uns schneller auffallen, welche Absichten mit der Verbreitung einer Geschichte verfolgt werden. Wir können die ganzen kleinen Details in ein größeres Bild einsortieren, und dadurch werden wir vieles als einen Ablenkungsversuch mit für uns irrelevanten, erfundenen oder erlogenen Informationen erkennen können. Welche dieser drei Alternativen es dann wirklich ist, spielt in den meisten Fällen gar keine Rolle.
Freiheit bedeutet, die eigene Orientierung in sich selbst zu gründen, die eigenen Lebensaufgaben selbst zu finden, aus sich selbst heraus zu verwirklichen, anstatt sich Ziele und Sinn aus einer Liste von Möglichkeiten auszuwählen, die uns durch die Außenwelt gegebenen wird. Freiheit bedeutet, bewusst zu leben und eigene Gedanken zu denken. Das muss gelernt werden und erfordert Übung. Auch freie Menschen passen ihr Verhalten an ihre Umgebung an. Aber sie sind sich dessen bewusst, und obwohl sie das ein oder andere unliebsame Spiel mitspielen, so arbeiten sie doch stetig darauf hin, das zu verwirklichen, was ihnen ein Anliegen ist.